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Wer hat etwas zu verbergen?

Sucht man bei Google nach Personen, wird neuerdings häufig ein Hinweis angezeigt, dass einige Ergebnisse möglicherweise entfernt wurden. Haben tatsächlich so viele Menschen gemäß dem neulich ergangenen EuGH-Urteil Suchtreffer entfernen lassen? Wir sind der Sache auf den Grund gegangen.

Vor kurzem hat der europäische Gerichtshof Google dazu verpflichtet, bestimmte Suchergebnisse aus seinem Index zu entfernen. Seitdem hat jeder EU-Bürger die Möglichkeit, die Entfernung unliebsamer Suchergebnisse zu beantragen, die  den Antragsteller selbst betreffen.
Wurden zu einer Suchanfrage nach einer Person einzelne Treffer entfernt, gibt Google die folgende Meldung aus:

„Einige Ergebnisse wurden möglicherweise aufgrund der Bestimmungen des europäischen Datenschutzrechts entfernt.“

Uns ist aufgefallen, dass die Meldung offenbar auch dann angezeigt wird, wenn gar keine Suchergebnisse entfernt wurden. Zu Testzwecken haben wir deshalb zunächst die Namen von 33 Personen aus der SEO-Szene gegoogelt, entnommen aus dem Buch „SEO auf Deutsch!“ von Andre Alpar. Das Resultat: bei der Suche nach 26 Namen wurde diese Meldung eingeblendet, nur bei 7 nicht.

Was ist hier los?

Neugierig haben wir anschließend nach 18 bekannten Persönlichkeiten (Politikern, Schauspielern und Sängern) gesucht – und siehe da: hier trat diese Meldung nirgendwo auf. Selbst bei einer bekannten, ehemaligen Präsidentengattin, die vor einiger Zeit aufgrund der automatischen Suchwort-Vorschlagsfunktion gegen Google vorgegangen ist, sucht man diese Meldung vergeblich.

Als dritte Gruppe haben wir unternehmensintern nach Kolleginnen und Kollegen gesucht und siehe da: in 11 Fällen wurde angezeigt, dass Ergebnisse möglicherweise entfernt wurden – obwohl niemand von ihnen einen Antrag auf Entfernung gestellt habe. Lediglich bei 2 Kollegen wurde die Meldung nicht angezeigt.

Haben jetzt diese 11 Kollegen mit Meldung vielleicht irgendetwas zu verbergen und entgegen ihrer Beteuerungen doch Löschanträge bei Google gestellt? Werden jetzt demnächst nur die 2 „sauberen“ Kollegen befördert, und die anderen gehen leer aus?

Nein. Die Erklärung liefert Google selbst

In den FAQ zur Entfernung von Suchergebnissen erläutert Google seine Vorgehensweise.

Zitat: „Wenn Sie künftig online nach einem Namen suchen, werden Sie unter Umständen einen Hinweis sehen, dass die Suchergebnisse möglicherweise aufgrund europäischem Datenschutzrechts modifiziert wurden. Wir zeigen diesen Hinweis in Europa bei der Suche nach den meisten Namen an und nicht nur bei Seiten, die von einer Entfernung betroffen sind.“

Dies bedeutet übersetzt: dadurch, dass Google die Meldung bei (fast) allen Namen einblendet, kann niemand mehr wissen, ob die betreffende Person tatsächlich einen Löschantrag gestellt hat oder nicht. Ausgenommen sind Personen des öffentlichen Lebens, bei denen die Meldung grundsätzlich nicht angezeigt wird (Personen des öffentlichen Lebens müssen in stärkerem Maße Kritik und Berichterstattung akzeptieren, als es bei Menschen der Fall ist, die nicht im Licht der Öffentlichkeit stehen).

Wenn man das „böse“ interpretierte, könnte man diese Vorgehensweise als eine Art „Zurückrudern“ vom durch Google-Chef Eric Schmidt selbst postulierten „Recht auf Wissen“ interpretieren, welches er dem EuGH-Urteil zum „Recht auf Vergessenwerden“ unlängst entgegenstellte. Denn ein ausschließlich wahrheitsgetreuer Hinweis auf Treffer-Entfernungen in Suchanfragen hätte dieses Recht zwar nicht gänzlich unterhöhlt. Aber dem Suchenden hätte es zumindest einen Hinweis darauf gegeben, dass hier jemand etwas hat löschen lassen und damit möglicherweise etwas zu „verbergen“ haben könnte. Mit der wahllosen Platzierung des besagten Hinweises wird diese „Waffe“ gegen das EuGH-Urteil stumpf. Das bedeutet, diese Vorgehensweise schützt letztlich doch wieder den – nunmehr wieder unbemerkt – Löschenden. Zudem wird sich der Suchmaschinennutzer irgendwann an den Hinweis gewöhnt haben, so dass er ihn ohnehin gar nicht mehr wahrnimmt.

Was denkt Ihr? Findet Ihr den Umgang von Google mit dem Urteil richtig? Wir freuen uns auf Eure Kommentare.


Jochen Moschko und Daniel Wette