Das Thema geschlechtergerechte Sprache bzw. Gendern wird immer wichtiger. Studien wie diese zeigen, dass Sprache beeinflusst, wie wir die Welt – und damit auch Geschlechterrollen – wahrnehmen. Wer nur das generische Maskulinum benutzt, mag damit zwar alle meinen, dennoch stellen sich die Leser:innen meistens Männer vor. Deshalb setzen mittlerweile viele Menschen auf gegenderte Texte.
Gerade im Bereich Online-Marketing kommt aber die Frage auf, wie Gendern und SEO (Suchmaschinenoptimierung) zusammenpassen und ob mit Ranking-Einbußen zu rechnen ist, wenn SEO-Texte geschlechtergerecht verfasst werden. Welche Möglichkeiten Sie haben und wie sich das Gendern auf Ihre Rankings bei Google und Co. auswirken kann, erklären wir in diesem Beitrag.
Inhalt
- Warum geschlechtergerechte Sprache verwenden?
- Welche Gründe gibt es, am generischen Maskulinum festzuhalten?
- Was hat Gendern mit SEO zu tun?
- Welche Möglichkeiten gibt es, geschlechtersensibel zu schreiben?
- Welche Optionen eignen sich am besten?
- Wie wirkt sich Gendern auf die Suchmaschinenoptimierung aus?
- Welche Schwierigkeiten gibt es sonst?
- Welche Entwicklung ist beim Thema Gendern und SEO absehbar?
- Wie sieht es mit Gendern und SEA bzw. Social Media Ads aus?
- Fazit
Warum geschlechtergerechte Sprache verwenden?
Sprache vermittelt Wahrnehmung und Gefühl. Begrifflichkeiten, die nur bestimmte Personengruppen bezeichnen, wirken auf andere ausgrenzend. Das ist in vielen Bereichen zu beobachten, so auch bei den verschiedenen Geschlechtern.
Wer von Ärzten, Managern und Chefs liest, sieht vor dem inneren Auge in der Regel Männer. Ist hingegen von Krankenschwestern, Putzfrauen oder Kindergärtnerinnen die Rede, stellen sich die Lesenden eher Frauen vor. Damit gehen Klischees und Vorurteile einher: Berufe, die häufiger von Frauen ausgeübt werden, werden in vielen Fällen weniger wertgeschätzt.
Und natürlich zeigen die Beispiele oben nur einen Teil der Thematik – nicht-binäre Personen (Menschen, die sich nicht ausschließlich als männlich oder weiblich identifizieren) kommen darin gar nicht vor. All das zeigt: Geschlechtergerechte Sprache ist kein Trend, der schlicht bedient werden muss. Vielmehr ist es ein Weg, Stereotypen zu durchbrechen und jeden Menschen in der Gesellschaft einzuschließen sowie wertzuschätzen.
Welche Gründe gibt es, am generischen Maskulinum festzuhalten?
Kurz gesagt: keine.
Kritik am Gendern wird oft daran festgemacht, dass dadurch die Sprache künstlich verändert werde. Außerdem seien gendergerecht verfasste Texte weniger leserlich als solche, in denen durchgängig das generische Maskulinum verwendet wird. Ein weiterer Kritikpunkt: Gendern habe gar keine Wirkung und schließlich wüssten heutzutage alle, dass eben nicht nur Männer gemeint sind, wenn von Handwerkern, Ingenieuren und Co. die Rede ist.
Die Gegenargumente kurz zusammengefasst:
- Wie bereits erwähnt, beweisen Studien, dass sehr wohl eine Wirkung gegeben ist. Sprache beeinflusst unser Denken und Rollenbilder werden durch geschlechterspezifische Zuschreibungen verstärkt.
- Die künstliche Veränderung der Sprache mag auf den ersten Blick stimmen. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass Sprache von Menschen erfunden wurde und sich ständig im Wandel befindet. Wer hätte vor 10 Jahren vom Brexit oder vor 20 von Influencern gesprochen? Veränderungen in der Gesellschaft finden über kurz oder lang ihren Weg in die Sprache – nichts anderes tut das Gendern.
- Der gestörte Lesefluss wird häufig bemängelt, wenn Texte mit Doppelnennung (Leser und Leserinnen) geschrieben werden. Um das zu vermeiden, gibt es mittlerweile aber genug andere Möglichkeiten, die den Lesefluss nicht beeinflussen. Wer sich einmal daran gewöhnt hat, liest einen gegenderten Text genauso problemlos wie einen mit generischem Maskulinum.
Was hat Gendern mit SEO zu tun?
Das generische Maskulinum – also die Verwendung der männlichen Form, mit der alle gemeint sind – ist seit Langem Standard in der deutschen Sprache. Mit Entstehung des Internets hat sich das auch auf die digitale Welt übertragen: So verfassten Journalisten, Websitebetreiber oder Blogger online Texte über Lehrer, Ärzte, Ingenieure, Makler etc. Genauso haben Nutzer:innen eben nach diesen Begriffen gesucht und nicht nach weiblichen oder gegenderten Formen. Dementsprechend ist nach wie vor das Suchvolumen für männliche Schreibweisen deutlich höher als das von weiblichen Formen.
Einige Beispiele verdeutlichen das:
Suchbegriff | Suchvolumen/Monat | Klicks/Monat | Ergebnisse |
Anwalt | 20.700 | 17.800 | 32.700.000 |
Anwältin | 1.750 | 1.500 | 5.820.000 |
Redakteur | 4.100 | 3.550 | 9.270.000 |
Redakteurin | 700 | 600 | 3.950.000 |
Die Zahlen zeigen: Um von möglichst vielen Menschen online gefunden zu werden, müsste eine Anwältin sich auf ihrer Website als Anwalt bezeichnen. Das wiederum kann die Nutzer:innen irritieren, wenn konsequent diese Form verwendet wird. Einen guten Überblick über die Problematik bietet dieser Artikel von t3n.
Und auch hier fällt auf, dass bislang nur männliche und weibliche Personen überhaupt abgedeckt sind. Nicht-binäre Menschen werden gar nicht berücksichtigt.
Dieser Status quo bedeutet, dass Websitebetreiber:innen sich berechtigterweise Gedanken darüber machen, ob eine Änderung weg vom generischen Maskulinum zu geschlechtergerechter Sprache Nachteile im Hinblick auf SEO nach sich ziehen kann. Ein vermeintliches Problem kann aber immer auch eine Chance sein. Die Entwicklung hin zum Gendern ist kaum mehr aufzuhalten. Und je mehr Menschen entsprechende Schreibweisen auf ihrer Website verwenden oder in Suchmaschinen danach suchen, desto mehr werden Suchmaschinen wie Google lernen und in der Lage sein, verschiedene Formen zu identifizieren und verstehen.
Welche Möglichkeiten gibt es, geschlechtersensibel zu schreiben?
Wer in Texten gendern möchte, hat zahlreiche verschiedene Optionen. Dabei muss unterschieden werden zwischen den Varianten, die lediglich männliche und weibliche Formen verbinden, und solchen, die jede Geschlechteridentität ansprechen.
Zur ersten Gruppe gehören:
Doppelnennung: Lehrer und Lehrerinnen, Ärzte und Ärztinnen etc.
Diese Variante ist wohl die bekannteste und wird häufig in Anreden und Begrüßungen verwendet.
Binnen-I: LehrerInnen, ÄrztInnen
Mit dieser Option soll die Doppelnennung vereinfacht und verkürzt werden.
Schrägstrich: Lehrer/innen, Ärzt/innen
Auch diese Variante verkürzt die Doppelform und macht sie zudem ein wenig übersichtlicher.
Wollen Sie nicht-binäre Personen ebenfalls ansprechen, haben Sie folgende Optionen:
Gendersternchen: Lehrer*innen, Ärzt*innen
Durch das Sternchen werden alle Geschlechter – also Frauen, Männer und nicht-binäre Menschen – eingeschlossen.
Gender_Gap: Lehrer_innen, Ärzt_innen
Der Unterstrich verdeutlicht, ähnlich wie das Sternchen, dass es nicht nur zwei Geschlechter gibt.
Doppelpunkt: Lehrer:innen, Ärzt:innen
Mit dem Doppelpunkt wird ebenfalls ausgedrückt, dass sich zwischen männlicher und weiblicher Form noch weitere befinden.
Geschlechtsneutrale Sprache: Lehrkräfte, ärztliches (Fach-)Personal
Durch solche Begriffe vermeiden Sie die geschlechterspezifische Ansprache. Diese Option eignet sich vor allem bei nicht SEO-relevanten Begriffen.
Neutrale Formulierungen: alle, niemand, jemand, Personen
Auch hierdurch wird kein Geschlecht spezifisch angesprochen, sodass alle Menschen eingeschlossen sind.
Abkürzung: Lehrer (m/w/d), Ärzte (m/w/d)
Diese Variante wird fast ausschließlich in Stellenausschreibungen genutzt. Hier ist die Inklusion aller Geschlechter seit 2018 gesetzlich vorgeschrieben.
Wenn Sie neutrale Begriffe und Formulierungen suchen, ist das Genderwörterbuch eine ideale Quelle. Dort finden Sie zahlreiche Möglichkeiten, wie Sie Ihre Texte geschlechtsneutral verfassen können. Eine Auswahl sehen Sie in der Tabelle am Ende dieses Beitrages.
Welche Optionen eignen sich am besten?
Nicht jede gegenderte Schreibweise ist gleich gut. Wie beschrieben, beziehen die Doppelnennung, das Binnen-I und der Schrägstrich nur männliche und weibliche Formen mit ein. Das heißt: Haben Sie vorher nur ca. 50 % der Gesellschaft angesprochen – nämlich Männer –, liegt die Zahl jetzt bereits deutlich höher. Alle sind aber nach wie vor nicht eingeschlossen.
Unter den Varianten, die jeden einschließen, gibt es ebenfalls Unterschiede zu beachten. So sind Gendersternchen und Gender_Gap zwar inklusiv, können aber teilweise von Screenreadern nicht korrekt ausgeworfen werden. Für Menschen mit Sehbeeinträchtigung sind diese Formen daher nicht immer ideal. Die Schreibweise mit Doppelpunkt ist hier im Vorteil, da sie richtig vorgelesen werden kann. Außerdem können Suchmaschinen bei dieser beide Schreibweisen erkennen, solange die vollständige männliche Form in der Gesamtschreibweise enthalten ist.
Geschlechtsneutrale Sprache und neutrale Formulierungen sind gute Ergänzungen, um den Text abzurunden. Aus SEO-Sicht sind sie aber weniger zu empfehlen, da das jeweilige Keyword nicht in der neutralen Form enthalten ist. Für Keywords sollten Sie daher eher zu einer der anderen Formen tendieren. Begriffe, die nicht als Keywords erkannt werden sollen, können Sie aber durchaus so umschreiben.
Eine allgemeingültige Aussage darüber, welche Variante sich für wen eignet, ist kaum zu machen. Jede Version hat Vor- und Nachteile, sowohl mit Blick auf Sprache und Inklusion als auch hinsichtlich der Suchmaschinenoptimierung. Grundsätzlich sollten Sie sich vor der Erstellung von Texten mit einigen Fragen auseinandersetzen:
- Welche gegenderte Schreibweise passt zu Ihrer Zielgruppe?
- Wenn es personenbezogene Keywords gibt: Wie lassen sich diese ohne Verwendung des generischen Maskulinums abbilden?
- Wie können Sie vermeiden, durch bestimmte Formulierungen Rollen- und Geschlechterklischees zu reproduzieren?
- Wie wird der Text auch mit geschlechtergerechter Sprache gut lesbar und verständlich?
Durch die Beantwortung dieser Fragen können Sie herausfinden, welche Möglichkeit am besten zu Ihnen und Ihren Texten passt. Durch eine Kombination verschiedener Optionen – zum Beispiel Doppelpunkt und neutralen Formulierungen – können Sie zudem Abwechslung in den Text bringen.
Wie wirkt sich Gendern auf die Suchmaschinenoptimierung aus?
Da die meisten deutschen Websites das generische Maskulinum verwenden und viele Nutzer:innen nach wie vor in Suchmaschinen danach suchen, ist es nicht auszuschließen, dass manche Formen der geschlechtergerechten Sprache Auswirkungen auf die Rankings einer Website haben. Hierbei lassen sich aber wiederum Unterschiede bei den verschiedenen Formen feststellen:
- Die Doppelnennung ist aus SEO-Sicht sehr gut geeignet, da sie das Suchvolumen der männlichen und weiblichen Form kombiniert. Das kann sich positiv auf das Ranking auswirken. Nachteile sind aber umständlichere Formulierungen und die Nicht-Berücksichtigung von nicht-binären Menschen.
- Bei Schreibweisen mit einem Doppelpunkt erkennen Google und Co. in vielen Fällen ebenfalls sowohl die männliche als auch die weibliche Form. Zudem sind alle Menschen dadurch angesprochen. Nachteil: Steckt nicht die gesamte männliche Form im gegenderten Begriff (Beispiel: Kund:in), wird diese von Suchmaschinen möglicherweise nicht als eigene Form wahrgenommen.
- Bei neutralen Formulierungen werden Begriffe verwendet, die in der Regel nicht bei Suchmaschinen als Keywords eingegeben werden. Aus SEO-Sicht ist diese Option daher nicht zu empfehlen. Sie bietet sich aber für Begriffe an, die nicht für das Ranking relevant sind.
- Binnen-I, Schrägstrich, Gendersternchen und Gender_Gap bereiten Suchmaschinen aktuell noch Probleme, da sie diese nicht immer richtig interpretieren können. Auch diese sind daher aus SEO-Sicht nach aktuellem Stand eher nicht empfehlenswert.
Welche Schwierigkeiten gibt es sonst?
Wie das Beispiel Kund:in bereits zeigt, gibt es beim Gendern im Hinblick auf SEO teilweise Probleme, wenn nicht die gesamte männliche Form im gegenderten Begriff enthalten ist. Ebenso problematisch ist es, wenn sich der Stamm der männlichen und weiblichen Form unterscheidet:
- Arzt/Ärztin
- Rechtsanwalt/Rechtsanwältin
Die beste Möglichkeit, um hier für beide Begriffe zu ranken, ist die Doppelnennung, da bei dieser beide Formen ausgeschrieben werden. In manchen Fällen kann es zudem helfen, den Plural zu verwenden, wenn der Stamm dann gleich ist.
Alternativ können Sie eine Mischung verschiedener Formen wählen, um jeden anzusprechen, gleichzeitig aber auch dem Algorithmus der Suchmaschinen gerecht zu werden. Achten Sie aber darauf, nicht zu häufig zu wechseln, um die Leser:innen nicht zu verwirren.
Welche Entwicklung ist beim Thema Gendern und SEO absehbar?
Google und andere Suchmaschinen passen ihren Algorithmus ständig an, um Suchenden die bestmöglichen Ergebnisse anzeigen zu können. Geben Nutzer:innen bei ihren Suchvorgängen immer das generische Maskulinum ein, werden auf den Suchergebnisseiten (SERPs) genau diese Ergebnisse angezeigt.
Das heißt im Umkehrschluss: Ändert sich das Suchverhalten, ändert sich auch der Algorithmus.
Setzt sich also beispielsweise das Gendersternchen oder der Gender_Gap durch und fangen Nutzer:innen an, danach zu suchen, werden Google und Co. auf Dauer lernen, diese Schreibweisen zu erkennen und entsprechend höher ranken. Alle Suchenden haben somit die Möglichkeit, die Entwicklung zu einer inklusiveren Sprache durch ihr Suchverhalten selbst voranzutreiben.
Wie sieht es mit Gendern und SEA bzw. Social Media Ads aus?
Das Thema Gendern ist selbstverständlich nicht nur für SEO relevant. Wenn Sie in Suchmaschinen oder sozialen Netzwerken Anzeigen schalten, ist die Frage nach der geschlechtergerechten Sprache ebenso wichtig. Das Unternehmen Agorapulse, das Software für das Social-Media-Management anbietet, hat mit zwei Anzeigen einen Test durchgeführt.
Die Ergebnisse zeigten, dass die gegenderte Werbung jeweils bessere Ergebnisse erzielte – und zwar vom ersten Tag an. Die Aussagekraft dieses Tests ist natürlich gering, da das Setup zu klein ist, um daraus allgemeingültige Ergebnisse abzuleiten. Eine Tendenz ist aber erkennbar und zeigt auf, dass gendergerechte Sprache, die alle Menschen anspricht, in Zukunft eine immer größere Rolle spielen wird.
Das Thema Gendern wird in Zukunft noch wichtiger, als es jetzt schon ist. Und was heute best practice ist, kann morgen schon überholt sein, wenn sich das Verhalten der Nutzer:innen verändert. Wenden Sie sich an uns, wenn Sie eine Agentur suchen, die Sie bei den Themen SEO und gendergerechte Content-Erstellung unterstützt. Unsere Fachleute stehen Ihnen mit ihrem Know-how gerne zur Seite. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage!
Beispiele für genderneutrale Formulierungen
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