Als die erste E-Mail Deutschland erreichte
Heute ist ein besonderer Tag: Heute vor 33 Jahren wurde in Deutschland die erste E-Mail empfangen. Ein kurzer Rückblick:
Beschäftigen wir uns mit der Geschichte der elektronischen Post, rückt weniger das sonnige Silicon Valley, als vielmehr eine deutsche Stadt in der beschaulichen Südpfalz in den Fokus: Karlsruhe. Wiege und Nährboden der effizienten Kommunikation in Deutschland. Hier wurde am 3. August 1984 die erste Internet-E-Mail in Deutschland empfangen. Um 10:14 Uhr mitteleuropäischer Zeit landete sie in den Postfächern von Werner Zorn und Michael Rotert, die damals als wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für Telematik der Universität Karlsruhe den ersten Mailserver in Deutschland einrichteten. Die erste elektronische Post in Deutschland kam von Laura Breeden vom Massachussetts Institute of Technologie (MIT); sie begrüßte Karlsruhe zum Anschluss an das US-amerikanische Computer Science Network (CSNET), einem zivilen Vorläufer des heutigen Internets. Deutschland war neben Israel das erste Land, das an dieses Netz angeschlossen war. Werner Zorn gilt als Leiter des Projekts und dank seiner Bemühungen, deutsche Computer an die amerikanischen Netzwerke anzuschließen, als deutscher Internetpionier.
Schmucklos aber charmant
Wirft man einen Blick auf die erste E-Mail, fällt einem nicht nur der Charme einer Schriftart auf, deren Blütezeit längst vergangen ist, auch, dass sich an der Struktur der E-Mail bis heute nicht viel geändert hat: Damals wie heute ist aus dem Header ersichtlich, wer wem wann eine E-Mail mit welchem Betreff geschrieben hat. Auch das @-Zeichen ist heute Standard in jeder E-Mail-Adresse. Einen entscheidenden Unterschied gab es jedoch: Während E-Mails heute innerhalb weniger Sekunden beim Empfänger landen, brauchte Laura Breedens Nachricht bis Karlsruhe fast 24 Stunden. Standleitungen gab es noch nicht und E-Mails wurden nicht sofort verschickt, sondern auf einem Server gesammelt und zu bestimmten Zeitpunkten manuell abgerufen. Kosten: Etwa 20 Cent pro DIN A4-Seite. Man mag es kaum glauben, aber Bytes wurden damals noch einzeln abgerechnet.
Wer hat’s erfunden?
Bevor 1984 die erste E-Mail Deutschland erreichte, waren andere Teile der Welt – wer hätte es gedacht – schon ein Stück weiter in Sachen E-Post. Wer der wahre Erfinder der E-Mail ist, ist bis heute umstritten: US-amerikanische Unternehmen und Universitäten entwickelten bereits in den 60er-Jahren Programme, die eine schriftliche Kommunikation zwischen den Nutzern ermöglichten. Allerdings bewegten sich Nachrichten hier nur innerhalb eines zentralen Rechners. Es ist daher eine Frage der Definition. 1971 gelang es Ray Tomlinson eine Nachricht innerhalb des US-Militärnetzwerkes ARPANET von einem Computer zu einem anderen zu schicken. Setzt man diesen Maßstab voraus, und das tut die Mehrheit, gilt Ray Tomlinson gemeinhin als Erfinder der E-Mail. Er war es auch, der das bis heute benutzte @-Symbol als Trennzeichen zwischen Nutzername und Computername (Heute: Hostname) wählte. Tomlinson starb 2004 an den Folgen eines Herzinfarktes.
Erst mit dem CSNET wurde 1981 der Grundstein eines vom Militär unabhängigen Netzwerkes gelegt. In erster Linie war das Ziel des Netzwerkes eine Vernetzung der US-Hochschulen. Durch die Verwendung von Kommunikationsprotokollen, die den heutigen sehr ähneln, gilt das CSNET jedoch als Vorläufer des Internets. Und genau über dieses Netzwerk gelangte die erste E-Mail nach Deutschland. 1984.
Heute, 33 Jahre später, ist die E-Mail mehr als ein Kommunikationsweg. Ohne E-Mail-Adresse geht nichts mehr im Internet. Kein Online-Dienst, der nicht danach fragt. Die eigene E-Mail-Adresse ist Grundlage jeder Handlung im Netz, Geburtsurkunde jeder digitalen Existenz.
Timo Schwarze